Noch bevor ich anfange, möchte ich vorweg nehmen, dass ich in keinster Weise rechts eingestellt bin. Ich verachte rechtsradikales Gedankengut und halte auch die AFD und ihre Anhänger für unheimlich unreflektierte Menschen. Da ich mich in diesem Artikel aber kritisch im Bezug auf das Verhalten der Antifa, im Rahmen der gestrigen Demonstration vom antifaschistischem Aktionsbündnis Köln gegen Rechts äußere, wollte ich meine eigene politische Orientierung ausnahmsweise vorher erwähnen. Ich ordne mich selber eher bei den Linken ein. Besonders wenn es um die Flüchtlingsfrage geht, sehe ich mich ganz klar auf ihrer Seite. Bei anderen Themen bin ich wohl eher mittig eingestellt.
Dementsprechend stellte ich mich bei der Demonstration am 29.09.18 auf die Seite von Köln gegen Rechts. Köln gegen Rechts schaltet sich seit 2014 immer dann ein, wenn Menschen mit rechtem Gedankengut eine Demonstration in Köln anmelden und ruft zur Gegendemonstration auf. Eine tolle Sache wie ich finde. Das Ganze zeigt sich auch immer wieder als wirkungsvoll. Denn wo teilweise nur 20 Rechte auf der eigenen Demo erscheinen, kann Köln gegen Rechts mit einer Vielzahl an Demonstranten dagegen halten. Teilweise mit mehr als zehn mal so vielen Menschen und mehr.
Um mir ein Bild davon zu machen, wie hoch die Differenz der Demonstranten auf den jeweiligen Seiten diesmal seien würde, und mit welchen Argumenten sie versuchen würden ihre Ansichten zu vertreten, begab ich mich ins Getümmel.
Grade zu Anfang der Demo hatte ich das Gefühl, dass auf der Seite von Köln gegen Rechts sehr viel weniger Radikale Mitglieder der Antifa zu sehen waren als sonst. Ich empfinde es immer als positiv auch auf Seiten der Gegendemonstranten so wenig Radikale wie möglich zu sehen. Denn nicht nur „Rechts bliebt Rechts“, wie es so wahr durch die Lautsprecher der Organisation schallte. Auch radikal bleibt radikal. Ganz egal ob von links, rechts, oder islamistischer Seite.
Je voller es wurde, was ich natürlich erst mal als vorteilhaft empfand, um den rechten zu zeigen „Wir sind mehr“, desto mehr Demonstranten erblickte ich auch, die eindeutig den radikaleren Mitgliedern der Antifa zuzuordnen waren. Egal, dachte ich, Hauptsache wir sind erst mal in der Überzahl. Vielleicht benehmen sie sich ja.
Nichtsahnend fotografiert und filmte ich die Menschenmenge. Durch die Lautsprecher tönten bereits zu Anfang der Demo einige Regeln, darunter auch das Verbot von Pyrotechnik jeglicher Art.
„Langweilig!“, hörte ich jemanden hinter mir schreien, und nahm wahr, dass ich in der Nähe eine Gruppe der Antifa stand. Auch wenn es mich nervte, so bleib ich stehen.
Irgendwann hörte ich eine Dame hinter mir sehr laut schreien.
„Hör sofort auf zu filmen, das ist verboten! Die Leute wollen das nicht!“ Ich wollte mich grade umdrehen, als sie mich an meinem Arm ruckartig zu sich drehte. Dann schrie sie weiter auf mich ein. Aggressiv und immer lauter wiederholte sie diesen Satz ununterbrochen. Ich versuchte ihr klar zu machen, dass es nicht verboten sei, auf öffentlichen Plätzen zu filmen, so lange ich das Material nicht hochlade oder die Gesichter unkenntlich machen würde. Zudem hatte ich sie selbst gar nicht auf dem Video. Sie stand schließlich hinter mir.
Nach dem ich mit meiner Argumentation kein Gehör bei ihr fand, drehte ich mich wieder um und filmte weiter. Sie schrie noch lauter und ich spürte wie erneut jemand an meinem Arm riss. Eine weitere Dame war dazu gekommen. Sie schrie nicht, hielt aber meinen Arm weiter fest, obwohl ich mich aus ihrem Griff lösen wollte. Sie sagte mir in aggressivem Ton, dass sie Ahnung hätte. Ich dürfe hier nicht filmen und fotografieren und solle es sofort unterlassen. Auch sie wiederholte sich einfach immer wieder und wollte nicht hören was ich zu sagen hatte.
Ich erwiderte das Gleiche, wie bei der Dame zuvor. Sie wiederholte sich dennoch weiter und bestand auf das angebliche Verbot zu filmen. Ich erklärte ihr dann, dass es ein tatsächlich existierendes Verbot gäbe, nämlich andere Körperlich anzugreifen oder festzuhalten und sie deshalb endlich meinen Arm los lassen solle.
Sie sah mich kurz erschrocken an, lies los und ging wieder.
Die zuvor schreiende Frau war unterdessen los gelaufen und hatte versucht andere Demonstranten, die direkt vor mir standen, davon zu überzeugen, mir zu verbieten sie zu filmen. Sie zuckten nur mit den Schultern und drehten sich wieder von ihr weg. Wutentbrannt stapfte sie weiter und beschwerte sich bei einer Ordnerin der Veranstaltung. Diese kam sehr freundlich auf mich zu und sagte mir, dass ich nicht filmen dürfe. Ich erklärte auch ihr wieder, dass es ein solches Verbot nicht gibt. Daraufhin fragte sie mich wofür ich das Videomaterial anfertigen würde. „Für mich“, antwortet ich und zeigte auf einige andere in meiner Nähe, die ebenfalls filmten und fotografierten.
„Die filmen aber nur die andere Seite“, entgegnete sie mir, als wäre es total logisch, dass Berichterstattung nur einseitig statt fände. Dann fragte sie mich in sehr ruhigem Ton: „Jetzt mal ehrlich, sind sie von drüben, gehören sie zu den Rechten?“
Ich muss zugeben, dass es mich sauer machte. Schroff entgegnete ich ihr, dass ich es eine Frechheit fände mir so was zu unterstellen, nur weil ich eine beidseitige Berichterstattung wichtig finde. Dann drehte ich mich um und filmte erneut. Sie ging und schüttelte verständnislos den Kopf. Danach lies man mich jedoch in ruhe. Als ich wieder etwas klarer denken konnte lies ich die Situation Revue passieren.
Man hatte mich also für jemanden gehalten, der von der rechten Seite kam um zu berichten, wie es auf der Seite von Köln gegen Rechts so ablief.
Ich kam zu der Erkenntnis, dass sie mich extrem in meiner Meinung bestätigt hätten, wäre ich wirklich rechts. Denn was ist eines der Hauptargumente der AfD, und anderen Gruppierungen, die rechtes Gedankengut in die Welt tragen?
Es sind „Lügenpresse“ und „Absichtlich einseitige Berichterstattung“.
Da ich alles was die drei Frauen, die mich belehren wollten, aufgenommen hatte, hätten sie mir damit absolut in die Karten gespielt. Wäre ich nun also eine von den Rechten gewesen, hätte ich das Material nutzen können, um zu untermauern, dass die Herrschaften mir eine beidseitige Berichterstattung untersagen wollten. Sie erfanden neue Gesetze, in dem sie behaupteten, man dürfe auf offenen Plätzen nicht filmen. Außerdem gingen sie zusätzlich aggressiv gegen mich vor. Etwas was man sonst ja den Braunen vorwirft.
Man hört auf meiner Aufnahme auch, wie ich der zweiten Frau sagte, sie solle meinen Arm los lassen. Auch an dieser Stelle hätten die Rechten wieder eine Bestätigung für ihre Aussage, dass nicht sie sondern die Gegenseite sich aggressiv verhält. Der Mitschnitt wäre ein glaubhaftes Argument gewesen um zu untermauern, dass das Thema Lügenpresse nicht aus heiterem Himmel kommt und die Rechten sich im Gegensatz zu den Gegendemonstranten ruhig und gesittet verhielten. So hätte diese kleine Gruppe der Antifa einfach vertretend für die ganze Demo gestanden.
Wenn wir wollen, das die Rechten keine Möglichkeiten mehr haben ihre blödsinnigen Argumente zu untermauern, können wir uns nicht wie die Axt im Walde verhalten und ihre Behauptungen untermauern. Wir müssen akzeptieren, dass auch sie gesetzlich ein Recht darauf haben über etwas zu berichten. Im Gegensatz zu anderen Demos auf denen ich war empfand ich die Stimmung eh als total angenehm und hätte keinen Grund gesehen, warum einer von drüber nicht hätte filmen sollen. Denn sein Material hätte nur gezeigt wie friedlich die Menschen demonstrierten. Also nichts womit die Rechten etwas hätten anfangen können.
Wir brauchen keine Radikalen um uns durchzusetzen. Denn für sie geht es nur darum ihren Willen durchzusetzen, egal wie. Dafür nehmen Radikale oft genug auch kriminelle Maßnahmen in kauf. Man hört schließlich immer wieder von den Vorgehensweisen der Antifa, bei denen sogar mutwillig Dinge zerstört werden. Ich weise hier gerne auf die brennenden Autos und die Zerstörung von Geschäften unschuldiger Bürger in Hamburg hin.
Ich bin sicher, dass wir nicht darauf angewiesen sind uns mit den Rechten auf eine Stufe zu stellen. Wir müssen weiterhin daran festhalten unsere Meinung und Einstellung durch Kommunikation, ehrliche Aussagen und Vernunft durchzusetzen, so wie es die meisten Besucher der Demo auch getan haben. Das können wir sehr viel besser ohne die radikalen Linken, die immer wieder unangenehm auffallen.
Ich habe all die Menschen gesehen die friedlich demonstrieren. Sorgt dafür, dass es so bleibt und wir eben genauso auch wahrgenommen werden. Es wäre unheimlich schade, wenn eine Organisation wie Köln gegen Rechts irgendwann in eine schlechtes Licht rückt, nur weil sich einige Extremisten nicht zu benehmen wissen. Denn Köln gegen Rechts ist eine Initiative, die sich einsetzt, zeigt, dass wir mehr sind, dass wir menschlich sind und dass wir uns für andere Menschen einsetzen, statt sie auszugrenzen. Wir sollten nicht zulassen, dass Radikale ein anderes Bild von uns vermitteln.