Die KinkyBeats ist eine der größten Fetisch-Partys Deutschlands. Ob Latex, Leder, Lack, Fantasy, so ziemlich jedes Outfit aus dem Fetisch-Bereich ist willkommen. Nur gewöhnlich darf es nicht sein. Heißt: Keine Straßenkleidung, Jeans, Turnschuhe usw. Da kennt die „Doorbitch“ keine Gnade. So zumindest steht es in den Eventbeschreibungen der KinkyBeats. Da fragt man sich als Ottonormalverbraucher schnell, was wohl hinter den geschlossenen Türen einer solchen Party passiert. Um etwas mehr zu erfahren und ein paar Einblicke in die Szene zu erhaschen, habe ich mich mit Kiara getroffen. Sie hat einige Male auf den KinkyBeats-Veranstaltungen gearbeitet und dabei Erfahrungen gesammelt, die unser einer – zumindest ohne sich in Lack und Leder zu schmeißen und eine solche Party zu besuchen – wohl nie machen wird.
„Bist du vor deinem Job auf den KinkyBeats-Partys schon in der Fetisch-Szene unterwegs gewesen?“
„Nein, tatsächlich hatte ich – mal abgesehen von Erzählungen meines damaligen Mitbewohners -, überhaupt keinen Bezug zu Partys, wie denen von KinkyBeats. Allgemein hatte ich mich sehr wenig mit dem Thema Fetisch auseinander gesetzt. Als mein Mitbewohner das erste Mal in seinem Latexanzug vor mit stand und mir erzählte, dass er sich gleich mit einer Freundin auf den Weg zur KinkyBeats machen würde, war ich ziemlich überrascht. Ich wusste, dass er eine recht offene Einstellung gegenüber Sex hat, aber in der Fetisch-Szene hatte ich ihn bis dahin nicht vermutet.“
„Wie bist du denn dann an den Job gekommen? Ich hätte gedacht, dass man in der Szene unterwegs sein muss um dort auch zu arbeiten.“
„Der besagte Mitbewohner war mit dem Personalleiter der KinkyBeats befreundet. Wir hatten oft darüber geredet, dass ich mir etwas Geld dazuverdienen wollte. Eines abends klopfte er an meine Tür und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte auf der KinkyBeats zu arbeiten. Ein einfacher Job an der Garderobe, versicherte er mir. Die Bezahlung klang gut. Ich hab nicht lange überlegt und zugesagt.“
„Hattest du keine Bedenken, dich unwohl zu fühlen?“
„Bedenken? Nein. Ich war eher neugierig. Schon immer fand ich es interessant zu sehen, wie Menschen, die im Alltag wohl eher weniger miteinander zu tun haben, plötzlich nicht mehr in eine Schublade geschoben werden können, da sie eben alle das gleiche Interesse haben. Der Gedanke, ihnen ihren gesellschaftlichen Status nicht ansehen zu können, fand ich spannend. Außerdem bin ich ein Fan von Grenzerfahrungen. Man weiß eben nur wo die eigenen Grenzen sind, wenn man sie auslotet. Da kam mir der Job grade recht. Also mal ganz abgesehen vom Geld, versteht sich.“
„Wie lief dein erster Arbeitstag? Ich kann mir vorstellen, dass er im Gedächtnis geblieben ist.“
„Das kann man wohl so sagen. Ich kam eine Stunde bevor die Party begann in die Räumlichkeiten der KinkyBeats. Bewaffnet mit einem besonders tief ausgeschnittenen Top – falls man von mir verlangen würde nicht so zugeknüpft rumzulaufen -, machte ich mich mit allen bekannt. Als ich dann aber in den Keller geführt wurde, in dem sich die Garderobe, an der ich arbeiten sollte, und einige abgelegene Räumlichkeiten um Sex zu haben befanden, stieß ich direkt auf meine Kollegin.
Sie erklärte mir, dass ich anziehen dürfe was ich will. Sogar einige der Frauen, die an der Bar arbeiten, waren völlig normal gekleidet. Nicht mal aufreizend sahen sie aus. Sie hätten genauso gut in jeder kölschen Kneipe hinter der Bar stehen können. Als dann die ersten Gäste kamen war ich irgendwie aufgeregt. Vor mir standen mit einem Schlag ca. 20 Leute, die mir ihre Jacken und Taschen geben wollten. Vorher zogen sie sich allerdings vor meiner Nase um. Erst kam ich mir komisch dabei vor. Ich wusste einfach nicht wo ich hingucken sollte. Ein älterer Mann schien meine Unsicherheit bemerkt zu haben und rief mir zu, dass ich ruhig einen Blick riskieren solle, er wäre beleidigt wenn nicht. Sein Outfit wäre schließlich teuer gewesen.
Ab diesem Moment war das Eis gebrochen. Ich musterte alle Menschen, deren Outfits mich interessierten. Einen Mann befragte ich zu seinem Eichel-Piercing. Es war ein so großer Ring, ich musste ihn einfach fragen, ob es nicht höllisch weh tut. Er lachte aber nur und erklärte mir, dass seine Herrin ihn so besser an die Leine nehmen könne. Hundehalsbänder wären nichts für ihn, fuhr er fort. Die Menschen, die mir dort begegneten, waren mir gleich sympathisch. Alle so offen, locker und vor allem so authentisch.“
„Was war das verrückteste, was du auf der KinkyBeats erlebt hast?“
„Naja verrückt würde ich davon gar nichts bezeichnen. Es ist eben eine Fetisch- Party. Da kann man ja nicht mit Alltäglichem rechnen. Ich sags aber mal so: Da ich an der Garderobe gearbeitet habe, habe ich normalerweise niemandem beim Sex gesehen. An meinem zweiten Abend vergaß einer der Kellner allerdings mir und meiner Kollegin etwas zu trinken mit in den Keller zu bringen.
Also ging ich selbst rauf zur Theke. Dabei musste ich über die Tanzfläche. Bis zu diesem Zeitpunkt ging ich davon aus, dass die Tanzfläche nur zum Tanzen wäre und Sex in den eher dunklen Nischen statt fände. Da irrte ich mich. Ich stand noch nicht mal an der Theke, als ich ahnungslos an einer Dame vorbei ging, die mit drei Männern gleichzeitig Sex hatte. Mich würden drei Männer wohl eindeutig überfordern. Sie hingegen brachte es nebenbei noch fertig einem der Männer einen verdammt großen Dildo einzuführen. Es hat mich zwar nicht erregt, aber ich war dennoch fasziniert und konnte nicht aufhören das Grüppchen zu beobachten. Ich war fast ein bisschen froh, dass ich so lange auf die Getränke warten musste.“
„Gab es etwas, was dich an dem Job gestört hat?“
„Im Großen und Ganzen hats mir eigentlich Spaß gemacht. Klar, Garderobe ist nun mal nicht der geilste Job, egal ob auf na Studentenparty oder der KinkiyBeats. Dennoch traf ich weitaus interessantere Menschen als mir das wohl auf der Party der BWL-Erstsemester passiert wäre. Wobei ich nicht ausschließe, dass auf der KinkyBeats auch einige BWL-Studenten unterwegs sind. Wie schon gesagt, die Menschen, die auf der KinkyBeats aufeinander treffen sind nicht alle vom selben Schlag. Der eine ist BWL-Student, der andere Müllmann. Das hält sie nicht davon ab miteinander zu verkehren als wenn es kein morgen mehr gäbe. Aber trotz aller guten Dinge gibt es immer etwas, was einen stört.
Bei mir war es ein bestimmter Kunde. Er war immer komplett in Latex gehüllt. Wenn er dann mal einen Teil seiner Sachen auszog und mir rüber gab, damit ich sie weg lege, habe ich mich wirklich sehr geekelt. Die Sachen waren eben komplett nass. Ich fand den Gedanken, den Schweiß eines Fremden an meinem Körper zu haben schrecklich – auch wenn es nur meine Hände waren. Noch schlimmer aber war, dass er meist kam, wenn grade so viel los war, dass ich nicht ins Bad gehen konnte um mir die Hände zu waschen. Ätzend war auch ein anderer, super verpeilter Typ. Er bat mich seine Zigaretten aus seiner Tasche zu holen, gab mir seine Nummern-Karte. Ich griff in die Tasche und zu meinem Ärgernis fast in eine benutzte Nadel. Er hatte mich nicht mal vorgewarnt. Ich hab direkt dem Chef Bescheid gegeben und den Typen raus werfen lassen.“
„Könntest du dir vorstellen je als Gast auf die KinkyBeats zu gehen?“
„Ich könnte mir zumindest vorstellen da in meinen ganz normalen Klamotten hinzugehen. Mich hat nicht gestört, dass die Leute nicht aussahen wie ich und die Gespräche waren ja trotzdem gut. Vor allem aber hat mir die Musik immer gefallen. Also ja, ich könnte durchaus auch auf so einer Party als Gast Spaß haben. Nur eben mit einer anderen Intention als die anderen. Das wäre dann wohl nicht so ganz fair.“
„Welche Fetische waren auf der KinkyBeats vertreten?“
„Lack, Leder und Latex waren auf jeden Fall beliebte Materialien für die Outfits der Gäste, welche übrigens sogar aus Holland und Belgien angereist kamen. Eine sehr hohe Anzahl der Leute stand auf das Machtspiel zwischen devot und dominant. Ich war überrascht, dass es doch so viele Frauen gibt, die den dominanten Part innehalten. Meist war das daran zu erkennen, dass sie ihren Gatten an einer Leine hinter sich herzogen. Einige hatten auch einen Geldsklaven. Ich bekam öfters mit wie ein Mann seiner Herrin alles bezahlte und sie ihn mahnend ansah, als er nicht von ganz alleine auch die Kosten ihrer Freundinnen übernahm. Ansonsten ist es schwer zu sagen was für Fetische unter den Gästen so verbreitet waren. Vorlieben sind eben meistens nichts was man einem ansieht.“
„Waren manche Gäste denn anzüglich?“
„Ich muss sagen, dass ich fest damit gerechnet habe. Ich dachte ein Ort der so unter sexuellen Spannungen steht, holt schnell mal nen dreisten Spruch aus den Menschen raus. Tatsächlich kam es aber ganz anders. Man hat mir gegenüber nicht eine einzige Anzüglichkeit geäußert. Ich muss auch sagen, dass mich das unter Anbetracht dessen, wie viele heiße und zudem fast nackte Frauen und Männer da unterwegs waren, sehr gewundert hätte, wenn man da ausgerechnet mich in meiner vollen Montur angebaggert hätte. Allgemein hatte ich das Gefühl, dass viel weniger Dreistigkeit herrschte als ich es von anderen Partys kenne. Als hätten die Menschen eben ihr Ventil und es nicht nötig wo anders Druck abzulassen.“
„Wie hat es sich angefühlt, so völlig bekleidet unter Menschen mit so viel nackter Haut?“
„Ich kam mir vor wie der Außenseiter vom Dienst. Zumindest die ersten 10 Minuten. Die Menschen waren so freundlich und höflich zu mir, dass ich nicht mehr wirklich lange darüber nachgedacht habe, dass sie im Gegensatz zu mir ja doch sehr leicht bekleidet waren.“
„Waren mehr Frauen oder Männer auf den Partys und wo lag der Altersdurchschnitt?“
„Ich hatte das Gefühl, dass mehr Frauen auf den Partys waren. Aber im Großen und Ganzen waren es auch nicht viel weniger Männer. Zum Durchschnittsalter kann ich gar nichts genaues sagen. Ich hab genauso viele Leute im alter von 30 gesehen wie im alter von 40 oder 50 .Die unter 25 jährigen waren hingegen auf jeden Fall am seltensten vertreten.“
„Gibt es ein Klischee, das du für immer über Bord geworfen hast?“
„Ja, ich habe zuvor oft von anderen gehört, dass Leute die auf solchen Partys verkehren eher nicht so gut aussehen würden. Das kann ich überhaupt nicht bestätigen. Ich hab selten so viele attraktive Menschen auf ein und der selben Party gesehen. In den Kneipen, in denen ich sonst unterwegs bin, ist das Atraktiviätslevel deutlich niedriger, wenn ich das mal so sagen darf. Ausserdem hält sich das Klischee, es würde sich um Menschen am Rande der Gesellschaft handeln. Da kann ich nur sagen: Sie sind genau aus der Mitte der Gesellschaft. Ein jeder Mensch, der vor uns steht, könnte am Vortag noch auf der KinkyBeats gewesen sein. Völlig egal ob er Banker, Senior, Verkäufer, Punk oder Zuhälter ist.“
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