Aussteiger und Selbstversorgern, die freiheitsliebenden Menschen die in die Ferne zeihen, um selbstbestimmt leben zu können. So auch Lina. Sie ist 25 Jahre alt, hat Sozialpädagogik studiert und eine Ausbildung zur Wildnispädagogin absolviert. Ich habe sie als sehr aufgeweckten, selbstreflektierten Menschen kennen lernen dürfen. 2014 beschloss sie ihr gesellschaftsfähiges Leben mit festem Job und Meldeadresse aufzugeben, um nach Ungarn auszuwandern. Hier lebt sie nun seit geraumer Zeit als Aussteiger und Selbstversorger.
„Wie kam es dazu, dass du beschlossen hast dein Leben so drastisch zu ändern, als Aussteiger zu leben?“
„Im Jahr 2014 habe ich mich entschieden, den Schritt zu gehen und mein Leben komplett umzukrempeln. Wobei es nicht wirklich eine Entscheidung war, sondern eher das Gefühl, dass ich als Aussteiger auf dem richtigen Weg bin. Ich wusste einfach, dass ich nun endlich meinen Traum leben kann. Schon viele, viele Jahre, ich denke, seitdem ich 14/15 war, wusste ich, dass ich nicht so leben möchte, wie die Masse der Menschen. Ich wollte IN der Natur leben. Wollte mich eigenständig um meine Bedürfnisse kümmern und vor allem frei sein. Nur wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wie.
Mir gingen Dinge durch den Kopf wie, mit einem ausgebauten Bus als Aussteiger durch die Welt reisen. Mal hier, Mal dort arbeiten. Oder einen alten Bauwagen auszubauen und mir irgendwo eine einsame Wiese suchen. Nun ja. Ich wusste, dass ich nicht in Deutschland bleiben werde, da es mir dort einfach zu viele Auflagen usw. gibt, die ein freies, selbstbestimmtes Leben, in meinen Augen, verhindern. So bin ich in Ungarn gelandet. Hier sind noch viele Gesetze „Menschenfreundlicher“ wenn es darum geht, anders zu leben.“
„Wie kann ich mir deinen Alltag als Aussteiger denn vorstellen, lebst du alleine?“
„Ich lebe mit meinem Mann hier. Er hat diese Region entdeckt, das Land erworben, angefangen das Haus zu bauen und das Land zu gestalten.
Mein Alltag ist einfach zu erklären: Ich stehe auf, mache meinen morgendlichen Spaziergang und finde heraus worauf ich an diesem Tag Lust habe bzw. was mir wichtig ist. Auf 2 heckter Land ist immer etwas zu tun, sei es der Gemüsegarten, der Wald, Sensen, Umpflanzen usw. Es liegt jeden Tag an mir, herauszufinden, welche Aktivität der Tag mir bringen wird.“
„Wie hast du deinen Mann kennengelernt? Ich stelle es mir schwierig vor, Jemanden zu finden, der die gleichen Ansichten vertritt und dem selben Lebensstil nacheifert. Es sei denn, er ist selbst Aussteiger.“
„Ich denke, dass es recht einfach sein kann, den Menschen in seinem Leben zu finden. Wenn du dich entscheidest, wie du leben möchtest, diesen Wunsch umsetzt und auch bereit bist, alleine zu „beginnen“, dann wird sich der Rest ergeben. So haben sich viele Paare kennengelernt, die ich über die Jahre getroffen habe.
Mike und ich haben uns bereits vor vielen Jahren, in Ostdeutschland, kennengelernt und wussten, dass wir füreinander geschaffen sind. Zu der Zeit gab es aber noch einige Dinge, die ein Zusammensein unmöglich gemacht hätten. So haben wir uns nochmal für einige Jahre aus den Augen verloren, bevor wir hier gemeinsam unser Leben beginnen durften. Mike und ich mussten beide noch bestimmte Erfahrungen im Leben sammeln, glauben wir heute. Damals wussten wir einfach, dass die Zeit noch nicht reif ist und es nur schief gehen kann, wenn wir zusammen kommen.
Wir glauben, dass wir damals quasi beide noch nicht die Entscheidung getroffen hatten, wohin wir im Leben wollen. Hinzu kam noch, dass ich erst 15 war und er zu dem Zeitpunkt 34. Daher, wie gesagt. Alles wird sich ergeben, wenn ich mich persönlich auf den Weg mache.“
„Was fehlt dir denn am meisten von deinem alten Leben und was am wenigsten?“
„Ich glaube nicht, dass mir im Leben an sich etwas fehlt. Mir fällt auf jeden Fall nichts ein. Ich habe mit dem Schritt zum Aussteiger nur gewonnen, wenn man es so sagen will. Das Einzige, was mir nicht gefällt, ist, dass meine Familie so weit weg wohnt. Aber das hat ja nicht mit dem Leben an sich zu tun, sondern vielmehr mit der Entfernung.“
„Welche Dinge, die ihr zum täglichen Leben braucht sind ohne Geld nicht zu bekommen und wie finanziert ihr diese?“
„Also, da unser Land noch in der Entwicklung ist, müssen wir noch einige Dinge kaufen, die wir (noch) nicht anbauen. Wie z.B Getreideprodukte und Milchprodukte. Wir backen zwar eigenes Brot, brauchen aber noch Mehl dazu. Ebenso Haferflocken zum Frühstück. Und wir essen noch Butter und Käse. Allerdings bauen die Nachbarn langsam ihre Ziegenherde auf.
Die Idee ist, von ihnen die Milch zu erwerben. Im Tausch. Zum Beispiel gegen Brot. Um unsere täglichen Ausgaben für Essen, Tierfutter und auch Baumaterialien zu decken, gehen wir beide noch auf dem Weihnachtsmarkt arbeiten. Auch veranstalten wir verschiedene Erwachsenen- und Jugendcamps hier bei uns.“
„Wie nah leben eure nächsten Nachbarn denn?“
„Unsere nächsten Nachbarn wohnen 100 meter weg. In verschiedenste Richtungen. Jeder hat hier ja seine min. 1 heckter Land. Und mittlerweile sind schon viele Familien und Pärchen hier.“
„Habt ihr mit den Nachbarn denn viel zu tun, oder seid ihr dann doch eher unter euch?“
„Nun ja. Alle Leute hier haben so viele Ideen, was wir auf unserem Land machen wollen/können, dass der Austausch manchmal ein bisschen untergeht bzw. wir es vergessen. Dabei ist es immer eine Freude, wenn wir uns sehen. Wir treffen uns öfters mal zum quatschen, zum Feuer machen usw.“
„Nur zu zweit ist es ja sicherlich auch irgendwann langweilig. Was hält denn deine Familie von deinem derzeitigen Lebensstil als Aussteiger?“
„Also wir haben keine Probleme damit, länger zu zweit zu sein. Langweilig ist uns noch nie gewesen. Und trotzdem ist es natürlich schön, zu wissen, dass noch Andere hier sind. Meine Familie ist glücklich, wenn ich glücklich bin. Klar, ist es ziemlich weit weg von ihnen und es wäre schöner, wenn wir um die Ecke wohnen würden, aber so ist es nun mal. Das ist wohl der einzige Punkt, der schwierig für Sie ist. Ansonsten sind alle glücklich mit der Situation.“
„Hat dich das Leben, wie du es jetzt lebst verändert, besonders in Hinsicht auf die Gesellschaft? Falls ja, in wie fern?“
„Ich glaube, ich habe hier erst begriffen, was LEBEN eigentlich heißt. Mein Leben täglich selbst zu gestalten, für mich selbst verantwortlich zu sein, mich nur auf mich selbst verlassen. All die Nachrichten, Panikmacherei, Erwartungen, Schnelligkeit und so weiter. Das spielt in meinem Leben nun keine Rolle mehr. Es zählt nur noch der Moment.“
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Das ist ein wundervoller und ermutigender Bericht !
freut uns, wenn wir einen Einblick verschaffen konnten 🙂
Sehr schöner Bericht , ich bin 53 und aus Österreich und arbeite seit meinem 15ten Lebensjahr nun hege ich mich mit den Gedanken mit meinen ersparten mich selbst zu versichern und nach ungarn zu gehen da ich seit vielen Jahren sage ich möchte einen Gemüsegarten und Obstbäume ich möchte fischen gehen ich möchte einen Hund haben ich möchte einen Imkerkurs machen usw……. ja wann denn wenn man keine Zeit hat weil man immer am rotieren ist bis zum 65 Lebensjahr vielleicht und dann keine Energie mehr hat? War mir letztes woende einige Häuser anschauen , und sehe es echt positiv sich wirklich zeit für das Leben zu nehmen.
Das klingt ja nach einem spannenden Plan, den du dir da zurecht gelegt hast.
Wir wünschen viel erfolg dabei