Ich lernte Svenja bei einer Party kennen, die ich und meine damaligen Mitbewohner veranstalteten, nach dem ich einen Schnick Schnack Schnuck Wettbewerb gewonnen hatte, der zwei Mal jährlich von Becks in unserem Wohnhaus veranstaltet wird. Wir kamen ins Gespräch und sie erzählte mir, dass sie Stripperin im Kölner Pascha sei. Ihr Aussehen passte zur Aussage, ihre Persönlichkeit irgendwie nicht. Sie kam mir nicht vor wie das Klischee der dummen, heißen Tänzerin, dass man von einer Stripperin oft im Kopf hat.
Svenja ist 31 Jahre alt und tanzt inzwischen seit 12 Jahren. Nebenher arbeitet sie in einem Büro in Hamburg. Sie erzählt, dass sie nie studiert hat, allerdings mal eine Ausbildung zur Altenpflegerin angefangen hat. Außerdem besitzt sie zwei Hunde aus der Tötung in Spanien, die ihr unheimlich viel bedeuten.
„Du arbeitest jetzt seit 12 Jahren als Tänzerin/ Stripperin. Bereust du etwas von dieser Zeit?“
„Nein, ich hatte meistens Spaß. Wenn ein Club mir nicht gefallen hat, bin ich direkt abgereist. Ich hatte und habe auch immer die Möglichkeit, ganz aufzuhören, aber das wollte ich bis jetzt nicht.
Wenn ich nur im Pflegeheim oder nur im Büro arbeiten würde, wäre mein Leben weitaus deprimierender. Immer die gleichen Leute um einen herum, immer das Gleiche machen. Das ist beim Tanzen ja anders.“
„Was für Gründe gab es bisher für dich, um deinen Job als Stripperin in einem Club, zu kündigen?“
„Zickige Frauen, unangenehme Chefs, keine Gäste, die Unterkünfte dreckig und überfüllt. Das derzeitige Team im Pascha ist super, ich mag meine Manager. Bei den Frauen mag man eine mehr, eine weniger. Man geht sich aus dem Weg, wenn man keinen Bock aufeinander hat. Unsere Kellner sind sowieso lustig und die Gäste sind halt Gäste. Ich tanze für die und kurz darauf hab ich das Gesicht meist schon wieder vergessen, so interessant sind die nicht. Sie besaufen sich in kürzester Zeit und dann sitzt das Geld auch lockerer.“
„Gibt es starke Konkurrenz unter den Mitarbeiterinnen?“
„Um eins vorweg zu sagen, ist es bei uns im Pascha anders, als in anderen Clubs. Im Pascha helfen wir uns gegenseitig, wenn man mitbekommt, dass jemand nicht verdient. In anderen Clubs schlägt man sich um jeden Gast.
Reißzwecken im Stiefel, Glassplitter im Lipgloss, Schuhe und Klamotten kaputt machen, klauen. Das ist Gang und Gäbe in Clubs. Das gibt es bei uns nicht, wir respektieren uns alle. Und falls eine Frau sich falsch benimmt, fliegt sie sofort raus.“
„Wie kam es dazu, dass du Stripperin geworden bist?“
„Ich wurde mit 18 angesprochen, ob ich Go Go tanzen möchte. Das hat mir gefallen. Ich hab dann verschiedene Leute kennengelernt, die mich in andere Clubs mitgenommen haben, und hab daran gefallen gefunden. Mir ist es egal, ob ich halb nackt am Strand liege oder in nem Club stehe. Im Club ist das Licht wenigstens so ausgeleuchtet, dass man eine glatte, schöne braune Haut hat. Damals stand ich in der Disco im Minirock aufm Podest und hab da rumgehampelt.. Zum Glück gab es da noch keine Smartphones.“
„Hattest du die Möglichkeit vorher zu üben?“
„Ne, man wird gebucht obwohl man nichts kann, dann steht man zwischen den Profis, damit man nicht so auffällt und macht einfach mit. Glaub mir, man blamiert sich immer am Anfang. Man hat ja keine Ahnung.
Aber da einem ja erzählt wird, dass man es ganz gut macht, macht man einfach weiter und entwickelt sich. Es ist noch nie ein Meister vom Himmel gefallen.“
„Kam dir nie in den Sinn etwas anderes zu machen?“
„Doch, ich liebe alle Organisationen, die Tiere retten, aber wie soll man dann sein Leben finanzieren? Ich arbeite auch gern mit alten und kranken Menschen, aber in der Branche wird man ja auch nur ausgenutzt. Viele Stunden, viele Tage, kein Urlaub, kein Geld.“
„Aus was für Familienverhältnissen stammst du?“
„Heutzutage nennt man das wohl höhere Mittelklasse. Alle arbeiten, wohnen im Eigenheim, aus meinen Geschwistern ist auch was geworden.
Meine kleine Schwester ist Steuerfachangestellte und lebt in Berlin.
Immer wenn ich ins Büro in Hamburg fahren, besuche ich meine Eltern auch. Also ich bin noch immer regelmäßig da.“
„Du hast im Vorfeld erwähntt, dass dein Familie das wichtigste für dich ist, wie stehen sie zu deiner Entscheidung?“
„Die sind aus allen Wolken gefallen. Es gab einen riesigen Streit, aber nach ca. zwei Jahren wurde es dann geduldet. Es ist halt so, ich bin ja trotzdem ihre Tochter. Meine Familie will ja auch nur, dass ich glücklich bin.“
„Was genau macht dich am Strippen denn so glücklich?“
„Ich kann hingehen wann ich Lust habe und wegbleiben, wenn ich keine Lust habe. Man ist einfach frei. Und die Trinkgelder sind ja auch nicht übel, für den leichten Aufwand.“
„Wie oft musst du denn im Monat arbeiten, um dein Leben finanzieren zu können?“
„Ich hab meinen Bürojob in Hamburg ja auch noch. Das Geld vom Strippen ist einfach nur für ein schöneres Leben. Taschengeld.
Ich brauch eigentlich nicht so viel Geld. Ich lege keinen Wert auf Markenklamotten, große Autos (hab eh keinen Führerschein) Usw.“
„Wofür ist dann das Geld?“
„Meine Hunde, Urlaube, Anti-aging Programme (Botox, Hyaloron etc. das ist schweineteuer) jeder möchte ja lange jung aussehen, ob Stripperin oder Hausfrau. Ich hab grade einen Salat für 12€ an den Rheintherassen gegessen. Der war so klein, dass ich den fast eingeatmet habe. Das Leben ist so teuer, dass man gar nicht so mitbekommt, wie schnell das Geld weg ist.“
„Gestaltet es sich schwierig mit der Partnersuche, oder bist du gerade sogar in einer festen Beziehung?“
„Ehrlich! Es geht gar nicht. Kein Mann kann es akzeptieren, außer er ist selbst aus der Branche. Also 85% meiner Arbeitskolleginnen sind Single. Die anderen erzählen ihren Männern halt nicht wie es im Pascha abläuft. Das funktioniert bei denen, die von außerhalb Deutschlands kommen.“
„Ist das für dich manchmal ein Grund gewesen über einen Ausstieg nachzudenken?“
„Nein. 80 Prozent aller Männer gehen fremd, was soll ich mit so einem. Da kann ich auch alleine bleiben, das erspart mir Stress.“
„Also wäre es dir wichtig eine monogame Beziehung zu führen?“
„Ganz genau! Ich möchte dazu noch einmal sagen, dass ich es unter aller Sau finde, wenn die Männer ihren Junggesellenabschied bei uns feiern und uns fragen, ob wir auch ein Zimmer haben, sie würden uns gern bumsen. Dann brauchen die Spinner auch gar nicht heiraten. Die Frauen tun mir echt leid.“
„Gibt es Mädels die darauf eingehen?“
„Nein, erst mal wollen wir ja gar nicht Anschaffen gehen. Und zweitens ist es uns auch verboten. Das ist der Job der Prostituierten, die über uns im Gebäude arbeiten.“
„Wie reagieren die Männer für gewöhnlich, wenn du ihnen bei einem Date eröffnest womit du dein Extrageld verdienst?“
„Ich sage es für gewöhnlich sofort, da ist es dann auch eigentlich zu ende bevor es angefangen hat. Das macht aber nichts. Wenn ein Mann mich wirklich will, dann würde er bleiben. Alles andere lohnt sich eh nicht.“
„Könntest du dir auch vorstellen Anschaffen zu gehen?“
„Ist jetzt nicht so mein Traumjob. Muss auch nicht sein. Also, ich geh lieber putzen als Anschaffen.“
„Wie stellst du dir deine Zukunft vor?“
„Wenn ich das Tanzen satt habe, dann muss mich erst mal entscheiden, wo ich wohnen will. Hamburg oder NRW. Dann werde ich wieder in die Altenpflege gehen. Ich hoffe, dass ich nen vernünftigen Mann finde und ein Kind mit ihm bekomme. Und wenn ich keinen Mann finde, dann bekomme ich kein Kind, sondern hole noch einen Hund.“
„Was war bisher das schlimmste Erlebnis, was dir im Zusammenhang mit diesem Job widerfahren ist?“
„Das meine Arbeitskollegin an Krebs gestorben ist.“
„Warum hasst du deine Ausbildung zur Altenpflegerin denn damals nicht beendet?“
„Ich wollte tanzen und hatte kleine Lust zu lernen.“
„Wenn du dein Leben mit dem Wissen von heute nochmal beginnen könntest, würdest du dann noch immer als Stripperin arbeiten?“
„Ja, aber ich hätte sofort im Pascha angefangen. Schlauer wäre es natürlich gewesen, die Ausbildung zu beenden. Das hätte ich dann auch durchgezogen.“
„Was habt ihr für ein Publikum im Pascha?“
„Alles! Also, es wird auch aussortiert, aber im Grunde darf fast jeder rein.“
„Zu guter Letzt noch: Was war dein höchstes Trinkgeld als Stripperin?“
„Ich verrate nie was ich verdiene“
„Sehr schade.Danke für deine Zeit“
- Aus dem Leben einer Stripperin
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- Aus dem Leben einer Stripperin
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Super geschriebener und informativer Artikel :-). Eine sehr gute Aufstellung. In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen